F)     DAS VERB

 

A)    ALLGEMEINES ZUM LATEINISCHEN VERB-SYSTEM

 

Das Verb-System im Lateinischen ist wesentlich leichter und weniger kompliziert als im Deutschen.

Das hört sich auf den ersten Blick jetzt seltsam an, aber es ist tatsächlich so. Die meisten Latein Lernenden jammern doch über die Masse an unregelmäßigen Verb-Formen. Aber im Gegensatz zu den anderen romanischen Sprachen, die auch Unmengen an unregelmäßigen Formen, Stämmen und Ableitungen haben, ist die lateinische Sprache richtig gut strukturiert und vor allem sehr logisch, obwohl sie auch viele unregelmäßige Formen hat.

 

Warum ist das im Lateinischen angeblich so leicht ?

Weil es im Lateinischen nur 3 Stämme gibt, von denen alle Formen - sowohl die finiten (konjugierten) des Indikativ und des Konjunktiv im Aktiv und im Passiv und im Imperativ als auch die infiniten (nicht konjugierten) - abgeleitet sind.

Verb-Formen, die durch eine Person bestimmt sind, nennt man finite Formen; Verb-Formen, die nicht durch eine Person bestimmt sind, nennt man infinite Formen oder auch Nominalformen.

 

Eine Verb-Form setzt sich zusammen aus

dem Stamm, gegebenenfalls einem Tempus- oder

Modus-Zeichen (Nie beides !), gegebenenfalls

einem Bindevokal (Manchmal auch andersherum !)

und der Personalendung.

 

 

NB :

-       Die Personalendungen sind bei den Modi Indikativ und Konjunktiv im Aktiv fast alle gleich. Eine Ausnahme bildet das Indikativ Perfekt Aktiv mit den eigenen Endungen „-i / -isti / -it / -imus / istis / -erunt“, die an den Perfekt-Aktiv-Stamm gehängt werden. Eine kleine Abweichung gibt es auch beim Futur II Aktiv, wo die 1. Person Singular auf „-o“ endet statt auf „-m“. Die Endung „-o“ kommt sonst bei allen anderen Konjugationsklassen nur im Indikativ Präsens Aktiv vor. Einige Tempora arbeiten mit Bindevokalen.

-       Die Personalendungen sind bei den Modi Indikativ und Konjunktiv im Passiv alle gleich. Im Indikativ und Konjunktiv Passiv aller einfachen Tempora lautet die Endung der 1. Person Singular z.B. „-r; im Indikativ Präsens Passiv endet sie jedoch abweichend auf „-or“.

-       „gegebenenfalls“ heißt, dass es auch ohne Tempus- oder Modus-Zeichen oder ohne Bindevokal geht.

-       Das Präsens im Indikativ Aktiv und Passiv hat z.B. keine Tempus- oder Modus-Zeichen und die e-Konjugation hat z.B. im Präsens Indikativ Aktiv und Passiv keinen Bindevokal zur Bildung der Formen.

-       Das Imperfekt im Indikativ Aktiv und Passiv hat z.B. das Tempus-Zeichen „-ba-“, während das Imperfekt im Konjunktiv Aktiv und Passiv z.B. das Modus-Zeichen „-re-“ hat.

Wie eben erwähnt, gibt es 3 Stämme. Diese sind :

 

 

a)     Präsens-Stamm

Von ihm werden alle Formen des Präsens und Imperfekt im Indikativ und Konjunktiv Aktiv und Passiv sowie die Formen des Futur I Aktiv und Passiv abgeleitet. Zudem werden das Partizip Präsens Aktiv (PPA), das Gerundium, das Gerundivum und die Infinitive Präsens Aktiv und Passiv von diesem Stamm gebildet.

b)     Perfekt-Aktiv-Stamm

Von ihm werden das Perfekt und Plusquamperfekt im Indikativ und Konjunktiv Aktiv sowie die Formen des Futur II Aktiv gebildet. Zudem wird der Infinitiv Perfekt Aktiv von diesem Stamm gebildet.

c)     Perfekt-Passiv-Stamm

Von ihm werden das Perfekt und Plusquamperfekt im Indikativ und Konjunktiv Passiv sowie die Formen des Futur II Passiv gebildet. Zudem werden das Partizip Perfekt Passiv (PPP), das Partizip Futur Aktiv (PFA), das Supinum, der Infinitiv Perfekt Passiv und die Infinitive Futur Aktiv und Passiv von diesem Stamm gebildet.

Der Perfekt-Passiv-Stamm wird auch noch Partizipialstamm oder Supin-Stamm genannt.

 

 

Der Präsens-Stamm ist völlig einfach zu lernen; und ausgerechnet von diesem werden die meisten Formen gebildet, was das Lernen erheblich erleichtert.

Der Perfekt-Aktiv-Stamm ist schon komplizierter, da es verschiedene Perfekt-Aktiv-Stämme über alle Konjugationsklassen hinweg gibt, die man einfach lernen muss.

Der Perfekt-Passiv-Stamm ist ähnlich kompliziert wie der Perfekt-Aktiv-Stamm. Es gibt in allen Konjugationsklassen unregelmäßige Perfekt-Passiv-Stämme, die man einfach lernen muss.

 

Dies ist der Grund, warum man die Stamm-Formen eines lateinischen Verbs lernt.

Diese sind :

a)     Infinitiv Präsens Aktiv

b)     1. Person Singular Indikativ Aktiv

c)     1. Person Singular Indikativ Perfekt Aktiv

d)     Partizip Perfekt Passiv (PPP) oder Supinum

 

Infinitiv Präsens Aktiv

Stamm-Formen

 

LAUDARE

laudo – laudavi – laudatus

MONERE

moneo – monui – monitus

REGERE

rego – rexi – rectus

AUDIRE

audio – audivi – auditus

CAPERE

capio – cepi - captus

 

 

Der Unterschied zwischen dem Partizip Perfekt Passiv (PPP) und dem Supinum ist, dass das Partizip Perfekt Passiv (PPP) ein dreiendiges Adjektiv der a- / o-Deklination ist, während das Supinum eine infinite (nicht konjugierte) Form ist, die nur im Neutrum Singular vorkommt, also auf „-um“ endet.

In diesem Kompendium wird die Form des Supins auf „-um“ angegeben, da es einige, gerade intransitive Verben, gibt, die nicht passivfähig sind, also nur die neutrale Form auf „-um“ bilden können.

 

 

Wenn man sich diese 3 Stämme merkt und weiß, welche finiten und infiniten Formen daraus gebildet werden, hat man beste Chancen, das lateinische Konjugationssystem schnell zu verstehen.

Eins ist allerdings auffällig im lateinischen Formen-System : Es gibt im Lateinischen nur 5 analytische Zeiten. Es sind dies das Perfekt und Plusquamperfekt Passiv sowohl im Indikativ als auch Konjunktiv. Zudem trifft dies noch auf das Futur II Passiv im Indikativ zu. Das Futur gibt es nicht im Konjunktiv.

Analytisch heißt „zusammengesetzt“ im Gegensatz zu „synthetisch“. Man unterscheidet synthetische (einfache) und analytische (zusammengesetzte) Zeiten. Im Deutschen sind z.B. das Perfekt, Plusquamperfekt und Futur II Aktiv allesamt zusammengesetzte (analytische) Zeiten. Im Lateinischen sind dies einfache (synthetische) Zeiten.

 

 

Zudem ist auffällig, dass es im Lateinischen wie im Deutschen keinen Konditional gibt, der in allen gängigen romanischen Sprachen aber existent ist. Es gibt zwar Konditionalsätze, also Bedingungssätze, die aber im Lateinischen mit dem Konjunktiv und teilweise auch mit dem Indikativ gebildet werden.

Typisch für die lateinische Sprache sind die Deponentien, die sogenannten medio-passivischen Formen. Viele Grammatiker finden den Begriff „Deponentien“ falsch. Dieses Wort wird vom lateinischen Wort „deponere - depono / deposui / depositus – ablegen“ abgeleitet. Die Deponentien haben ihre aktivischen Formen abgelegt. Es existieren nur passivische Formen, die allerdings aktivisch übersetzt werden müssen. Mehr dazu sieh unter Punkt l) Deponentien in diesem Kapitel !

 

 

Das vollständige Konjugationsschema eines Verbs mit allen verfügbaren Formen im Aktiv und Passiv und allen Nominalformen nennt man Konjugationsparadigma.

 

 

Hinweis :

Im Kapitel 01 – Formen-Lehre werden ausschließlich die gesamten Formen der Substantive und Verben aufbereitet.

In Kapitel 02 – Satz-Lehre wird ausführlich der Gebrauch der verschiedenen Kasus und der verschiedenen Tempora und Modi behandelt.

 

 

B     Finite Formen (Konjugierte Formen)

 

Was sind finite Formen ?

 

FINITE FORMEN sind durch PERSON (1. / 2. / 3. Person), NUMERUS (Singular / Plural), TEMPUS (z.B. Präsens / Imperfekt usw.), MODUS (Indikativ / Konjunktiv / Imperativ) und GENUS VERBI (Aktiv / Passiv) bestimmt.

 

Es sind zudem konjugierte Formen, egal, ob es einfache oder zusammengesetzte Formen sind. Sie sind veränderlich.

 

Diese stehen im Kontrast zu den infiniten Formen, die nicht konjugiert werden, wie z.B. dem „Gerundium“, dem „Gerundiv(um)“, den verschiedenen Partizipien und den verschiedenen Infinitiven im Aktiv und Passiv .

 

Der Begriff „infinit“ ist unpräzise. Infinite Formen sind in Bezug auf das Zeitverhältnis, auf den Kasus und den Numerus schon bestimmt, aber eben nicht auf die Person. Man kann überspitzt also sagen, dass manche infinite Formen infiniter sind als andere. Das ist natürlich Quatsch, aber so kommt es einem vor. Das Lateinische ist im Vergleich zu den anderen romanischen Sprachen sehr reich an infiniten Formen. Der Infinitiv, das Gerundium und das Supinum werden substantivisch und das Partizip und das Gerundiv adjektivisch gebraucht. An den substantivisch gebrauchten infiniten Formen sieht man ganz deutlich den Unterschied zwischen finit und infinit, da sie keine Zeit-Stufe an sich, sondern ein Zeit-Verhältnis darstellen. Sie geben Gleichzeitigkeit, Vorzeitigkeit oder Nachzeitigkeit an.

 

 

C)    DIE KONJUGATIONSKLASSEN

 

 

Wie werden nun die Verben im Lateinischen eingeteilt ?

 

Es gibt wie im Deutschen regelmäßige und unregelmäßige Verben und insgesamt 5 Konjugationsklassen. Viele Grammatiker bezeichnen die unregelmäßigen Verben als separate 6. Klasse. Um dies zu akzeptieren, müssten die Unregelmäßigkeiten dieser Verben „einheitlicher“ sein. Sind sie aber nicht verglichen mit den 5 anderen Klassen. Zudem haben die unregelmäßigen Verben nicht die typischen Endungen beim Infinitiv Präsens Aktiv, die „-are“, „-ēre“, „-ere“ und „-ire“ lauten.

 

 

Wann ist ein Verb im Lateinischen unregelmäßig ?

 

Allerdings ist die Definition, wann ein Verb im Lateinischen als unregelmäßig zu klassifizieren ist, anders als in den gängigen romanischen Sprachen.

Als unregelmäßig wird im Lateinischen ein Verb bezeichnet, wenn deren Personal-Formen im Präsens-Stamm nicht durchgängig mit den Formen einer regelmäßigen Konjugation übereinstimmen. Unregelmäßige Verben sind im Lateinischen z.B. „esse – sum / fui / --- – sein“ und Komposita, „ferreferro / tuli / latus – tragen“ und Komposita, „ire – eo / ii / itus – gehen“ und Komposita und „nollenolo / nolui / --- – nicht wollen“ usw.

Im Lateinischen wird dafür nur der Präsens-Stamm zur Rate gezogen, wohingegen in den gängigen romanischen Sprachen oft auch Vergangenheitszeiten oder das Partizip Perfekt als Kriterium für die Unregelmäßigkeit gelten. In diesen Fall ist das Lateinische wesentlich einfacher zu handhaben als die anderen romanischen Sprachen.

 

 

Wie viele Konjugationsklassen gibt es im Lateinischen ?

 

Es gibt im Lateinischen wie gesagt 5 Konjugationsklassen.

 

Mit den 5 Konjugationsklassen sind im Endeffekt nur 5 Buchstaben gemeint. Die 5 Konjugationsklassen sind nach dem letzten Buchstaben des Stammes, dem sogenannten Stamm-Auslaut, benannt.

Dieser endet im Lateinischen entweder auf „a“, „e“, „Konsonant“, einem „langen i““ oder auf einem „kurzeni““.

Deswegen heißen die 5 Konjugationsklassen auch „a-Konjugation“, „e-Konjugation“, „konsonantische Konjugation“, „langvokalische i-Konjugation“ und „kurzvokalische i-Konjugation“.

Viele Grammatiken und Wörterbücher, leider auch der STOWASSER, ordnen die langvokalische und kurzvokalische i-Konjugation der konsonantischen Konjugation zu, was ich völlig falsch finde. Die obengenannte Einteilung ist wesentlich präziser und einfacher zu handhaben, da es innerhalb dieser 3 Konjugationsklasse erhebliche wichtige Unterschiede gibt, die bei einer einzigen zusammengefassten Konjugationsklasse nicht zum Tragen kommen.

 

Die Benennung der Konjugationsklassen nach den 5 Konjugationsklassen ist fragwürdig. Man hätte diese Klassen auch nach den Perfekt-Aktiv-Stämmen benennen können.

Der Vorteil dieser Einteilung ist jedoch, dass sich alle lateinischen Verben - außer denen mit Stammwechsel, die dann unregelmäßig sind – mit den Präsens-Stämmen ausnahmslos in eine dieser 5 Klassen einteilen lassen.

 

 

1)     Verben, die auf -ARE enden (a-Konjugation) :

Lateinisches Verb auf-are

Übersetzung

 

arare (-o / -avi / -atum)

pflügen

cubare (-o / cubui / cubitum)

liegen

dare (do / dedi / datum)

geben

domare (-o / domui / domitum)

zähmen / bezwingen

laudare (-o / -avi / -atum)

loben

lavare (-o / lavi / lautum)

baden / waschen

mandare (-o / -avi / -atum)

befehlen / übergeben

secare (-o / secui / sectum)

schneiden

sonare (-o / sonui / --- )

rauschen / tönen

stare (-o / steti / -atum)

stehen

tonare (-o / tonui / --- )

donnern / krachen

triturare (-o / -avi / -atum)

niedertreten

verberare (-o / -avi / -atum)

schlagen / züchtigen

vetare (-o / vetui / vetitum)

hindern / verbieten

vulnerare (-o / -avi / -atum)

verletzen

 

und viele andere

 

 

2)     Verben, die auf -ERE enden (ē-Konjugation) :

Lateinisches Verb auf-ēre

Übersetzung

 

ardēre (ardeo / arsi / --- )

brennen

augēre (augeo / auxi / auctum)

vermehren / vergrößern

complēre

(compleo / complevi / completum)

anfüllen / erfüllen

delēre (deleo / delevi / deletum)

tilgen / vernichten / zerstören

flēre (fleo / flevi / fletum)

beweinen / weinen

habēre (habeo / habui / habitum)

haben / halten

iacēre¹ (iaceo / iacui / --- )

liegen

lucēre (luceo / luxi / --- )

leuchten

lugēre (lugeo / luxi / --- )

betrauern / trauern

monēre (moneo / monui / monitum)

erinnern / ermahnen

placēre (placeo / placui / placitum)

gefallen

terrēre (terreo / terrui / territum)

erschrecken

timēre (timeo / timui / --- )

fürchten / sich scheuen

valēre (valeo / valui / --- )

gelten / gesund sein

vidēre (video / vidi / visum)

sehen

 

und viele andere

 

 

NB :

1       Dieses Verb ist nicht mit „iacere – iacio / ieci / iactum – schleudern / werfen“ zu verwechseln.

Das „-ē-“ bei „iacēre – iacēo / iacui / --- “ ist lang und ist immer die zu betonende Silbe. Bei den Verben der konsonantischen Konjugation und der kurzvokalischen i-Konjugation ist das „-e“ der vorletzten Silbe kurz und die Betonung des Verbs liegt immer auf der drittletzten Silbe.

Das lange „-ē-“ ist die einzige Möglichkeit, die Verben dieser Gruppe von denen der konsonantischen Konjugation und der kurzvokalischen i-Konjugation zu unterscheiden.

3)     Verben, die auf -ERE enden (konsonantische Konjugation) :

 

Lateinisches Verb auf-ere

Übersetzung

 

arcessere

(arcesso / arcessivi / arcessitum)

herbeiholen

colere (colo / colui / cultum)

bebauen / pflegen / verehren

dicere (dico / dixi / dictum)

sagen

gignere (gigno / genui / genitum)

erzeugen / hervorbringen

imponere

(impono / imposui / impositu)

auferlegen

petere (peto / petivi / petitum)

angreifen / erbitten / erstreben

ponere (pono / posui / positum)

legen / setzen / stellen

quaerere

(quaero / quaesivi / quaesitum)

fragen / suchen

repetere

(repeto / repetivi / repetitum)

wiederholen / zurückfordern

serere (sero / sevi / satum)

serere (sero / serui / sertum)

erzeugen / pflanzen / säen

aneinander reihen

sinere (sino / sivi / situm)

lassen / zulassens

spernere

(sperno / sprevi / spretum)

verachten / verschmähen

tangere (tango / tetigi / tactum)

berühren

tendere (tendo / tetendi / tentum)

ausstrecken / spannen

vincere (vinco / vici / victum)

besiegen / siegen

 

und viele andere

 

 

NB :

-        Die 1. Person Singular Indikativ Präsens Aktiv endet bei der konsonantischen Konjugation auf „-o“; bei denen auf „-ēre“ ist die Endung „-ēo“ und bei der kurzvokalischen i-Konjugation ist die Endung „-io“. Bei der konsonantischen und bei der kurzvokalischen i-Konjugation kann man die Konjugationsklasse nur an dieser Form erkennen. Deshalb gehört sie auch zu den sogenannten Stamm-Formen eines Verbs.

 

 

4)     Verben, die auf -IRE enden (langvokalische i-Konjugation) :

Lateinisches Verb auf-ire

Übersetzung

 

aperire (aperio / aperui / apertum)

öffnen

audire (audio / audivi / auditum)

hören

comperire

(comperio / comperi / compertum)

erfahren

consentire

(consentio / consensi / consensum)

übereinstimmen

convenire

(convenio / conveni / conventum)

zusammenkommen

evenire (evenio / eveni / eventum)

sich ereignen / vorkommen

haurire (haurio / hausi / haustum)

schöpfen / trinken

invenire

(invenio / inveni / inventum)

erfinden / zufällig finden

pervenire

(pervenio / perveni / perventum)

gelangen

reperire

(reperio / repperi / repertum)

erfahren / durch Suchen finden

salire (salio / salui / --- )

hüpfen / springen

sancire (sancio / sanxi / sanctum)

heiligen

sentire (sentio / sensi / sensum)

denken / fühlen / merken

sepelire

(sepelio / sepelivi / sepultum)

begraben

venire (venio / veni / ventum)

kommen

 

und viele andere

 

 

NB :

-        Alle Verben auf „-ire“ gehören zur langvokalischen i-Konjugation außer dem unregelmäßigen Verb „ire – gehen“ und dessen Komposita.

 

5)     Verben, die auf -ERE enden (kurzvokalische i-Konjugation) :

 

Lateinisches Verb auf-ere

Übersetzung

 

capere (capio / cepi / captum)

fangen / fassen / nehmen

cupere (cupio / cupivi / cupitum)

begehren / wünschen

diripere

(diripio / diripui / direptum)

plündern

facere (facio / feci / factum)

machen / tun

fodere (fodio / fodi / fossum)

graben / stechen

fugere (fugio / fugi / fugitum)

fliehen / meiden

iacere¹ (iacio / ieci / iactum)

werfen

inspicere

(inspicio / inspexi / inspectum)

durchschauen / mustern

perficere

(perficio / perfeci / perfectum)

vollenden / ausführen

perspicere

(perspicio / perspexi / perspectum)

besichtigen / durchschauen

praeficere

(praeficio / praefeci / praefectum)

an die Spitze stellen

prospicere

(prospicio / prospexi / prospectum)

sorgen für (Dativ) /

vorhersehen (Akkusativ)

rapere (rapio / rapui / raptum)

entführen / rauben

reficere / se reficere

(reficio / refeci / refectum)

stärken – sich erholen

satisfacere

(satisfacio / satisfeci / satisfactum)

befriedigen / zufriedenstellen

 

und viele andere

 

 

NB :

1       Dieses Verb ist nicht mit „iacēre – iaceo / iacui / --- – liegen“ zu verwechseln.

Das „-ē-“ bei „iacēre – iacēo / iacui / --- “ ist lang und ist immer die zu betonende Silbe. Bei den Verben der konsonantischen Konjugation und der kurzvokalischen i-Konjugation ist das „-e“ der vorletzten Silbe kurz und die Betonung des Verbs liegt immer auf der drittletzten Silbe.

Das lange „-ē-“ ist die einzige Möglichkeit, die Verben dieser Gruppe von denen der konsonantischen Konjugation und der kurzvokalischen i-Konjugation zu unterscheiden.

-        Die 1. Person Singular Indikativ Präsens Aktiv endet bei der kurzvokalischen i-Konjugation auf „-io“, genauso wie bei der langvokalischen i-Konjugation. Bei der konsonantischen und bei der kurzvokalischen i-Konjugation kann man die Konjugationsklasse nur an dieser Form der 1. Person Singular Indikativ Präsens Aktiv erkennen, da der Infinitiv bei beiden auf „-ere“ endet. Deshalb gehört sie auch zu den sogenannten Stamm-Formen eines Verbs.

-       Man stellt sich nun die berechtigte Frage, warum diese Konjugationsklasse „kurzvokalische i-Konjugation“ heißt. Wo ist das „i“, das zudem noch kurz sein soll ? Das kurze „i“ ist ursprünglich ein „j“, das ein Konsonant ist. Deswegen wurde und wird diese Konjugationsklasse auch oft der konsonantischen Konjugation zugeschlagen. Da sie Elemente der konsonantischen und der i-Konjugation haben, wird sie oft auch „Mischkonjugation“ oder auch einfach nur „Mischklasse“ genannt.

Der Präsens-Stamm endet übrigens interessanterweise auf „-i“, an den die Personal-Endungen gehängt werden. Aber bis jetzt haben wir die Existenz des „i“s immer noch nicht geklärt. Normal müsste der Infinitiv dieser Verben z.B. „capire“ und „rapire“ heißen, er heißt aber „capere“ und „rapere“.

Mache mal folgenden Test ! Sag mal 10x in Folge ganz schnell „capire“ mit Betonung auf dem „a! Dann wirst du merken, dass das „i“ langsam aber sicher in ein „e“ übergeht. Und genauso war es bei den Römern. Deswegen wird heute auch statt „i“ auch „e“ geschrieben und das Geheimnis um die kurzvokalische i-Konjugation ist gelüftet. In allen Formen wird so getan, als wenn das „i“ im Infinitiv existent ist; am deutlichsten sieht man dies am Präsens-Stamm „capi-“ bzw. „rapi-“. Ich hoffe, ihr konntet folgen.